Midsummer-Cup 2023 (nur) aus Sicht der eXorbitante
Schon eine Woche nach der Rückkehr von unserem Saisonhighlight, Seeland Rund, stand gleich wieder eine Regatta an.
Midsummer-Cup des ASVW, das heißt Nachtregatta von Warnemünde nach Kühlungsborn. Allerdings gilt es, im Gegensatz zu unserer Pfingstregatta, dabei die Insel Fehmarn zu umrunden. Mit dabei sind dieses Mal Lilly, Leon, Stefan, Maik und Heiko. Selbstverständlich nehmen wir vorher noch die Freitagsregatta mit und haben daher einen straffen Zeitplan.
Der Start vor Warnemünde ist für 20:30 Uhr angesetzt. Dieser wird aber verschoben, wenn Teilnehmer der Freitagsregatta spät dran sind. Ein rechtzeitiger Anruf genügt. So war es auch dieses Jahr. Es scheint deutlich weniger Wind zu sein, als angekündigt und so geht es mit Vollgas Richtung Startlinie. Mit der „ASAP“ vom YC Warnow im Schlepp sorgen wir trotzdem für eine leichte Verspätung. Uta hatte vor Ort wieder den Papierkram für uns erledigt, wir folgen unterwegs noch per Funk der Steuermannsbesprechung und sobald wir in Sichtweite des Startschiffes sind, beginnt auch schon die Vorbereitungszeit. Just in Time, sehr schön 😊
Nicht so schön ist, dass hier wirklich kaum Wind ist. Mit der 100% Fock sind wir deutlich untermotorisiert und hoffen, dass sich die Vorhersage doch noch einstellt. Wind aus WSW, wie am Start, bedeutet fast einen Anlieger, Nordwest würde bedeuten, dass es eine laaange Kreuz wird…. Es soll eigentlich noch auffrischen, es soll nach rechts auf NW oder sogar NNW drehen, zwischen Fehmarn und Lolland soll heftiger Strom stehen, aus dem Fehmarnsund wird es dann auch „ziehen“. Welche Taktik ist richtig, wie fahren die Gegner…. Fragen über Fragen, die beantwortet werden wollen.
Wir entscheiden uns, auf den von allen Modellen angesagten Winddreher nach rechts zu vertrauen und fahren dann auch erstmal den Streckbug. Einige wissen offensichtlich mehr und nutzen das Warnemünder Standardverfahren bei westlichen Winden, also links raus und ran an die Küste. Das wirft an Bord natürlich die ersten Zweifel auf, zumal im linken Feld auch starke Gegner dabei sind. Aber auch in unserer Richtung gibt es Bedenken. Wer mit Genua unterwegs ist, ist klar im Vorteil.
Die Devise heißt abwarten und auf die „Wissenschaft“ vertrauen. Und das zahlt sich aus, Grad um Grad dreht der Wind, Knoten um Knoten wird es mehr. Nachdem das zufriedenstellend geklärt ist, beginnt der Diskurs, wie die Insel am besten anzufahren ist. Ist es besser, gleich auf die Nordseite zuzuhalten oder sollten wir lieber von Süden aus die Küste entlang fahren? Was ist wichtiger, Wind oder Strom? Klar ist, im Windschatten von Fehmarn wird es Abdeckung geben. Klar ist aber auch, dass sowohl im Norden als auch im Süden Gegenstrom sein wird. Letztlich entscheiden wir uns für die Variante ohne Strom. Nun gilt es den richtigen Punkt für die Wende zu finden, der noch nicht im Gegenstrom des Fehmarnbelts liegt und der uns trotzdem nicht südlicher als Staberhuk rauskommen lässt. Nebenbei sind inzwischen stabil über 20 kn Wind mit Böen Richtung 27 und das heißt, nicht in eine Art Durchhaltemodus zu verfallen, sondern die Kreuz optimal zu gestalten. Also Segel trimmen! Großsegel flach, Fock bei der steilen Welle oben etwas offen fahren und sowohl den relativen Windwinkel als auch den Anstellwinkel zu den Wellen im Blick behalten, bei dem das Boot gut fährt. Nicht allen an Bord geht es gleich gut, aber auch das gehört zum Geschäft und hindert nicht wirklich. Wir freuen uns lieber wieder einmal über die Tücher, die uns die Segelwerkstatt Warnemünde für genau solche Bedingungen gebaut hat (Anm. d. Redaktion: kleiner Werbeblock), denn es auch im Vergleich zum Feld geht ganz gut voran.
Aber zurück zum Kurs. Es sind noch 20 sm bis Fehmarn und natürlich kann man auf diese Entfernung keinen Punkt richtig treffen. Wir beobachten die Instrumente, bis wir den ansteigenden Strom aus NW feststellen können und wenden Richtung Rosenfelder Strand. Als nächstes müssen wir den Absprungpunkt nach Staberhuk treffen. Wieder verraten die Instrumente, wann der Strom aus Richtung Fehmarnsund einsetzt. Die Gegner ringsherum halten es ähnlich, also wird das wohl so ok sein. An der Insel angekommen wird es flau(er). Nach den Stunden harter Kreuz ist das zwar eine Erleichterung, aber wir sind ja nicht zum Vergnügen hier. Etwas weiter draußen und mit deutlich mehr Wind scheint es nämlich für mindestens ein Boot noch besser zu laufen. Auf dem Weg sind jetzt etliche Sperrgebiete zu beachten, dann die Dänemark-Fähren und dann sind wir schon an der Nordküste. Hier liegt eine der beiden Wendemarken, leider gut eine Meile vom Land weg und damit voll in der Strömung. Der nötige Vorhaltewinkel erinnert uns kurz an die Segelei auf der Nordsee. Die Uhr zeigt an der Tonne 06:10 Uhr und das macht es nicht eben besser. Und dann kommt zum Ärger von vorhin noch hinzu, dass dieses Boot von vorhin offensichtlich die Tonne ausgelassen hat. Was tun? Der Vorteil ist zu groß, als dass man das durchgehen lassen kann. Zu warten, bis sie nach Zieldurchgang disqualifiziert werden, ist aber auch nicht im Sine des Erfinders. Also rufen wir sie mal an und tatsächlich korrigieren sie, was an dieser Stelle so etwas wie die Höchststrafe und den Verlust der Führung bedeutet. Trockener Kommentar an Bord: Segelanweisung lesen hilft.
Von jetzt an wird es entspannter. Noch kurz hart am Wind um Westermakelsdorf herum und dann beginnt hoffentlich der gemütliche Teil der Reise. Hinter Fehmarn sieht es unter Wasser ähnlich aus wie um Hiddensee. Eigentlich ist es tief genug, aber da sind so einige Steine. Zwischen „Mut“ und Wahnsinn sind es oft nur weniger Mete. Letztes Jahr haben wir hier in Richtung Wahnsinn etliche Meter aufgeholt, aber diesmal ist aufgrund der Windrichtung ein gemäßigterer Kurs ok und unter Spi geht es südwärts. Etwas entspannt kümmern wir uns wieder mal darum, wie sich Wind und Windrichtung wohl entwickeln mögen. Entsprechend der Prognose wird es flau. Wir sind relativ weit vorn, also auch relativ gut aufgestellt, falls das passiert. Noch liegt aber fast die Hälfte der Strecke vor uns. Die Frage ist also generell, ob zwischen uns und den schnellen Booten so viel Abstand ist, dass die Spitze noch fährt, während wir schon stehen bleiben. Bis zur Fehmarnsundbrücke geht es aber ganz manierlich voran, wenn auch deutlich langsamer als ganz vorn und die Jahre zuvor. Beim Blick achteraus, zu den wenigen Schiffen mit AIS, wird aber schon deutlich, dass wir wohl gerade noch Glück gehabt haben.
Auf dem Weg nach Kühlungsborn wird es dann, wie vermutet, weniger Wind und damit sehr zäh. Erst kurz vor dem Ziel setzt wieder Landwind ein. Insgesamt kommen wir aber noch verhältnismäßig gut durch und haben nach gut 17 Stunden gar kein schlechtes Gefühl. Der Blick auf die Uhr verrät aber, dass diese Inselrunde deutlich langsamer als in den letzten Jahren war. Wir beneiden nicht die, die jetzt platt vor dem Laken im Öl stehen.
Folglich reizt die Wettfahrtleitung die mögliche Zieldurchgangszeit erst komplett aus und entscheidet dann, alle noch kämpfenden Teams auch nach der Siegerehrung noch mit in die Rechnung aufzunehmen. Das nennen wir mal Service!
So unaufgeregt und professionell wie die ganze Regatta gestaltete Gundram Leifert (ASVW) dann auch die Siegerehrung direkt bei Edel&Scharf. Mit zahlreichen Wertmarken ausgestattet, sorgen die Teilnehmer hier ordentlich für Durchsatz bei Currywurst und Bier. Während sich die letzten beiden Hiddensee`s sich noch ein Matchrace bis ins Ziel liefern.
Wir sagen vielen Dank an die Organisatoren, einen herzlichen Glückwunsch an die Sieger und Platzierten der drei Gruppen und Respekt an alle, die so lange auf See durchgehalten haben.
Heiko Wenzel, SY eXorbitante
Herzlichen Glückwunsch und Respekt! Tolle Leistung!