2. Offener Brief zum Thema Vereinsleben

Nachdem Harald Ahrend sehr offen seine Sicht auf die Beteiligung der Mitglieder am Vereinsleben dargelegt hat, möchte auch ich diese Plattform nutzen.

Als ich 1985 erstmalig das Vereinsgelände betrat, war ich  noch Gastlieger als Mitglied der BSG Ostseedruck und durfte eine Jolle segeln,  die auf der Wiese lag.

In dem Verein fand ich auch damals eine sehr unterschiedliche Interessenlage vor. Es gab sehr viele Regattasegler, die auf eigenen Schiffen oder auf Clubschiffen segelten. Es wurde viel gesegelt, alle Ranglistenregatten zur DDR- Meisterschaft waren sehr gut besucht. Der Grund lag hauptsächlich darin, dass die Teilnahme an solchen Regatten die Chancen auf eine PM 18 oder sogar PM 19 für das nächste Jahr deutlich erhöhten. PM 18/19 bedeutete, dass man nach § 18/19 des Pass- und Meldewesen die inneren oder sogar äußeren Seegebiete der DDR befahren durfte. Für die jährlichen Urlaubsfahrten nach Rügen oder ins Stettiner Haff musste man eine PM 18 haben.

Für die Überführung der Schiffe benötigte man immer die Hilfe anderer Segler, die ebenfalls eine PM 18 hatten. So war zwangsläufig ein enger Zusammenhalt der Segler gegeben, da niemand sein Schiff ohne die Hilfe anderer nach Rügen und wieder zurück nach Rostock führen konnte.

Da in den 80er Jahren auch noch nicht alle ein Auto hatten, wurden die Wochenenden fast immer auf dem Vereinsgelände verbracht. Das Clubhaus war damit automatisch immer gut besucht.

Auch die vielen Motorbootfahrer waren gut in den Verein integriert, alle konnten ihrem jeweiligen Hobby nachgehen.

Gearbeitet wurde auch damals viel,  die Hallen waren  gut geeignet  für langjährige Bauarbeiten an den Booten und wurden entsprechend genutzt.

Der Verein hatte bis 1989 und auch noch Jahre danach nur 3 clubeigene Slipwagen. Es ergab sich somit zwangsläufig, dass die Mitglieder sich in kleinen Gruppen gegenseitig halfen, jeder wollte schließlich ins Wasser bzw. wieder an Land.

Die Slipmeister führten ein strengeres Regime als heute. War das Boot nicht ordentlich auf dem Slipwagen abgestellt, wurden Nachbesserungen verlangt. Das eine oder andere Schiff fiel auch mal vom Slipwagen (SY Nordic Sun, SY Goderac, SY Albatros,  um nur einige zu nennen). Im Rückblick auf diese Zeit erinnere ich mich, dass maximal 3 Wochen geslippt wurde.

Die Clubabende am Freitag waren deutlich besser besucht als heutzutage und dauerten auch länger, da Manfred Holtz immer sehr ausführlich alle Vorstandsthemen erklärte und den entsprechenden Schriftverkehr vorgetragen hat. Es waren ja auch schwierige Zeiten, der Verein musste um sein Eigentum kämpfen, neue Verträge  mit der Stadt waren auszuhandeln, und die Treuhand wollte doch tatsächlich unser Clubhaus als Vermögen der Neptunwerft  auf die damals übliche Weise veräußern.

Alle Mitglieder mussten sich neu orientieren, und die clubeigenen Boote lagen mehr oder weniger an Land. So wurde nach und nach der eigene Bootsbestand verkauft, verschenkt oder verschrottet.

Von 3 Drachen, einem Sund, dem 5,5 und unserem Flaggschiff der “ Rostock“ mussten wir uns wegen fehlenden Mannschaften trennen. Das Regattasegeln  fand nur noch mit eigenen Booten statt, und  auch nur so lange, bis die ersten  modernen Boote Zugang zu den Vereinen fanden. Alte erfolgreiche Boote waren nicht mehr konkurrenzfähig, und so ging es bis zum Jahr 2000 mit dem Regattasegeln stetig bergab.

Nur die Jugendgruppe hielt ordentlich dagegen. Unter Haiko Mennenga stabilisierte sich die Jugendarbeit, und wir konnten an einigen Deutschen Meisterschaften, Europameisterschaften und sogar zweimal an Weltmeisterschaften teilnehmen. Trotzdem wurde die Jugendgruppe oft von einzelnen Vereinsmitgliedern kritisiert und dem Vorstand Verschwendung von Geldern vorgeworfen. So sollte die Jugendgruppe Strom- und Wassergeld bezahlen. Die Nutzung der Toiletten durch die Jugendgruppe wurde heftig kritisiert, da vor allem in den nassen Jahreszeiten der Fußboden immer sehr schmutzig wurde.

 

Wie ist jetzt die Situation und mit welchen Mitteln können wir als Vorstand gegensteuern?

Beteiligung an den organisierten Veranstaltungen

Bis auf das An- und Absegeln werden die organisierten Veranstaltungen des Vereins nur von wenigen älteren Sportfreunden angenommen. Hierzu hat Harald Ahrend ausführlich geschrieben.

Die Clubabende werden kaum noch genutzt, zur Information versucht man das Internet zu nutzen. Dank Daniel Stolzenberg und Matthias Mahnke haben wir auch eine entsprechende Plattform. Aber es sind bei weitem nicht alle Infos über die Vorstandsarbeit im Netz. Es stellt sich die Frage, ob wir die Clubabende nicht einstellen sollten. Es ist schade um die Zeit, die der Vorstand hierfür erbringen muss. Dabei ist die Qualität der Veranstaltungen deutlich gestiegen. Wir haben Fachvorträge von nautischen Offizieren und von der Wasserschutzpolizei gehabt. Daneben gab es auch Vorträge der eigenen Mitglieder.

Verteilung der Arbeitsbelastung auf alle Mitglieder

Ein Lichtblick im Vereinsleben sind die Arbeitseinsätze. Dank der guten Vorbereitung durch den Arbeitswart Markus Raasch wurde  bei  jedem der letzten Arbeitseinsätze eine ganze Reihe von Projekten abgeschlossen, und die Beteiligung der Mitglieder war erfreulich. Da auch die Versorgung der Mitglieder mit Frühstück und Mittagessen abgesichert werden konnte, waren um 9:00 Uhr genügend Mitglieder vor Ort und blieben bis zum Abschluss der Arbeiten im Verein.

Aktuell müssen 18 Arbeitsstunden geleistet werden. Diese Anzahl reicht bei weitem nicht aus. In der Jahreshauptversammlung hat der Vorstand die Ist- und Sollzahlen ausführlich dargestellt. Hervorgehoben wurde vor allem der Anteil derjenigen Mitglieder, die deutlich mehr als 60 Stunden für den Verein erbracht haben.

 Und genau von diesen  Mitglieder haben wir zu wenig. Bei der Auswertung wurde festgehalten, dass wenige Mitglieder mit ihren Arbeitsleistungen vielen anderen Mitgliedern die Nutzung der Infrastruktur im Verein ermöglichen, ohne dass diese selbst einen äquivalenten Aufwand betreiben müssen.

Es wird notwendig sein, die Belastungen  weniger Vereinsmitglieder wieder auf alle Mitglieder zu verteilen. Ein Verein hat nicht nur viele Vorteile, er macht wegen der umfangreichen Erhaltungsarbeiten eben auch viel Arbeit. Gelöst werden kann dieser Konflikt entweder über mehr Arbeitsleistung für alle, oder durch zunehmende Fremdvergabe von Arbeiten. Gegebenenfalls ist ein Wechsel von Mitgliedern in eine kommerzielle Marina angebracht. Auch die Anstellung eines Bootsmannes wird diskutiert. Der ROYC und der SSVR haben hier schon entsprechend gehandelt. Dafür muss dann der finanzielle Aufwand der einzelnen Mitglieder erhöht werden. Für die Hauptversammlung im Februar 2014 werden entsprechende Anträge zur Geschäftsordnung durch den Vorstand vorbereitet.

Slipbetrieb

Beim Slippen im Frühjahr und im Herbst zeigt sich eine ähnliche Situation im Verein. Endlos zieht sich die Zeit hin, bis alle Boote an Land bzw. im Wasser sind. Unseren Slipmeistern wird zugemutet, jederzeit für die Mitglieder da zu sein. Die logistische Reihenfolge des Slippens wird nicht eingehalten, oft wird der ganze Slipverkehr  durch einzelne Mitglieder zum Stillstand gebracht.  Dagegen besteht auf der Wiese durch die Bereitstellung des Kranes  ein strenges Regime. Pünktlich um 07:00 Uhr wird die Anwesenheit aller Bootseigner erwartet, und erstaunlicherweise funktioniert das jetzt auch.  Alle bleiben, bis das letzte Boot gekrant wurde, niemand fährt mehr  an den Mastenkran und stellt schon mal seinen Mast, während die anderen Eigner noch kranen.  Im Ergebnis dessen sind wir oft schon nach 3 ½ Stunden mit über 13 Booten an Land oder im Wasser. Diesen Zustand müssen wir auch für das Slippen der anderen Boote erreichen!

Im Verein haben wir die Nutzung eigener Slipwagen zugelassen.  Damit sollte der Slipbetrieb eigentlich beschleunigt werden. Das Gegenteil ist eingetreten. Mitglieder, die mit ihrem Boot im Wasser waren, stellten egoistisch den Slipwagen ab und wurden danach oft nicht mehr im Verein gesehen.  Der Verein ist dank der kostenlosen Bereitstellung eines Gabelstaplers in der Lage, die schweren Slipwagen zeitweilig auf den Parkplätzen neben dem Clubhaus abzustellen. Natürlich nur dann,  wenn diese während des Slipbetriebs nicht durch private Autos zugeparkt werden. Es ist äußerst schwierig für die Fahrer des Gabelstaplers, zwischen parkenden Autos und Slipwagen zu rangieren. Der Weg zum großen Parkplatz ist weit und wegen des Tores auch umständlich zu erreichen, trotzdem kann ich kein Verständnis dafür aufbringen, dass hier wieder wie selbstverständlich die Leistungen einiger weniger Mitglieder in Anspruch genommen.

Als Vorschlag zur Optimierung des Slipbetriebes wird dazu ebenfalls ein Antrag zur Geschäftsordnung des Geschäftsjahres 2014 vom Vorstand gestellt werden.

Jugendarbeit

In unserer Jugendgruppe läuft die Arbeit unter Haiko Mennenga erfolgreich. Es werden viele Regatten besucht, die Eltern helfen wo sie können, und dank der eingeworbenen Spendenmittel konnte auch der Bootsbestand nach und nach erneuert werden.  Dass einige Eltern ihre Fahrzeuge allzu unbekümmert parken, wenn die Kinder gebracht werden, liegt genauso im Trend wie das wilde Parken unserer Mitglieder. Bevor auf die Eltern geschimpft wird, sollten sich unsere Mitglieder selbst an die vorhandene Parkordnung halten. Die Jugendgruppe macht dem Vorstand die wenigste Arbeit, und die Zusammenarbeit zwischen dem Jugendtrainer und dem Vorsitzenden ist sehr gut.

Regatten – Teilnahme und Organisation

Bei der Teilnahme an Regatten sieht es ganz düster aus. Wenige, viel zu wenige segeln regelmäßig Regatten. Unsere ehemaligen Regattasegler, von denen wir noch ganz viele im Verein haben, haben sich hier deutlich zurückgezogen.

Wenige jüngere Mitglieder versuchen den Stander des MYCR hochzuhalten. Die Segelyachten Rollus, Avior und Circe sind im Prinzip die Einzigen, die regelmäßig an der Freitagsregatta  teilnehmen. Wenn Zeit vorhanden ist, segeln noch Goderac  junior, Elektra, ein 49er und die Irma bei diesen Regatten mit.

Die Organisation des Blauen Bandes liegt in den Händen von Axel Rafoth und seinem Team. Die Veranstaltung ist gut vorbereitet und wird von den anderen Vereinen im Revier auch gut angenommen. Die Beteiligung durch Mitglieder unseres Vereins könnte viel besser sein.

Bei der Pfingstregatta ist die Beteiligung mit 13 Booten im Jahr 2013 etwas besser gewesen. Wir haben aber mit 56 Booten im Bestand noch deutliche Steigerungsmöglichkeiten.

Bei der Organisation der Pfingstregatta sieht es mit der Unterstützung durch die Vereinsmitglieder ganz schlecht aus. Zwei Mitglieder machen die Anmeldung und auch die Auswertung in Kühlungsborn. Hilfe haben wir regelmäßig durch Horst Killermann, der die Technik nach Kühlungsborn fährt, und in 2013 konnten wenigstens 3 Mitglieder als Zielschreiber helfen. Auf dem Startschiff ist René Wollenhaupt dann mehr oder weniger allein. In 2013 half die Familie Hrachovy. Mit so wenig Unterstützung kann ein Start von 58 Schiffen nicht erfolgreich verlaufen. Wir haben als Verein (bzw. ich persönlich) viel Kritik bekommen. Wir brauchen also dringend Hilfe. Als erste Maßnahme haben wir Wolfram Kummer vom SSVR 2014 für das Startschiff gewinnen können. Es wird ein neuer Startmast mit entsprechender Höhe und Beflaggung gebaut werden. Der Mast wird von Wolfgang Falck gebaut, der eigentlich jetzt schon genügend Stunden auf seinem Arbeitskonto hat.  Der ROYC stellt 2014 ein Schlauchboot mit Fahrer,  damit „die Regatta nicht noch weiter den Berg abgeht“ (Originalton) – peinlich und blamabel für den MYCR.

Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass wir nicht auch Großes in den letzten Jahren geleistet haben. Mastenkran, Slipanlage, Bootsstege, Dach, Clubhaus, Toiletten, Jugendschuppen, Jugendsteg Werkzeugcontainer und eine eigene Ramme sind von uns neu gebaut worden. Aber Thema ist auch, wie es mit dem Verein weitergeht. Was erwarten unsere Mitglieder und was kann der Vorstand leisten? Hier sind die Meinungen der Mitglieder gefragt, und zwar nicht in kleinen Diskussionsrunden, sondern öffentlich. Und wir müssen uns befleißigen, untereinander vernünftig miteinander zu kommunizieren. Beschimpfungen  und Halbwahrheiten bringen den Verein nicht voran. Jeder darf seinem Hobby so nachgehen, wie er gern möchte – ob nun am Steg, beim Angeln oder Segeln.

Uwe Stapel